Innovative Technologien und deren Anwendungen haben schon immer zu neuen Geschäftsmodellen für Unternehmen, aber auch zu Umbrüchen ganzer Branchen geführt. Durch die aufkommende Plattformökonomie und den Einsatz von Künstlicher Intelligenz, Internet-of-Things (IoT)-Anwendungen und Blockchain werden Prozessverbesserungen oder gänzlich neue Produkte und Services ermöglicht. Folgen sind Einsparungen, Umsatzsteigerungen und Wachstum. Im Rahmen von Blockchain Europe gehen wir der Fragen nach, welche neuen Geschäftsmodelle durch den Einsatz der Blockchain-Technologie ermöglicht werden und wie Blockchain Wertschöpfung nachhaltig verändern wird.

„Ein Geschäftsmodell beschreibt im Wesentlichen, welchem Kunden welche Leistung angeboten wird, wie diese Leistung entsteht und wie sie entgolten wird. Der Kunde steht dabei stets im Zentrum des Geschäftsmodells und Leistungen zahlen auf ein bestimmtes Nutzenversprechen ein“, erklärt Carina Culotta aus dem Bereich Blockchain-basierte Geschäftsmodelle bei Blockchain Europe. Das Nutzenversprechen heißt, das Produkt des Unternehmens löst ein bestimmtes Problem des Kunden oder schafft einen konkreten Mehrwert. Auf der anderen Seite klärt ein Geschäftsmodell die Frage, wie Wert für das eigene Unternehmen gesichert werden kann bzw. welche Ertragslogik, Kosten- und Umsatzstrukturen notwendig sind.

Die voranschreitende Digitalisierung verändert klassische Geschäftsmodelle nachhaltig: Durch die Verfügbarkeit von Daten wie auch deren Handelbarkeit entstehen neue Produkte und Services. So besteht das Geschäftsmodell eines Maschinen- und Anlagenbauers heutzutage nicht (nur) daraus, die Maschine herzustellen und auszuliefern, sondern die Daten, die die Maschine generiert, zu analysieren und auf Basis der Ergebnisse seinen Kunden digitale, mitunter plattformbasierte Dienstleistungen z. B. im Bereich der Smart Maintenance anzubieten. Diese Transformation der Geschäftsmodelle lässt sich in nahezu jeder Branche wiederfinden. Die Wertschöpfung innerhalb der Industrie 4.0 wird folglich durch die Vernetzung sowie Abbildung, aber auch Entkopplung von physischer und digitaler Welt ermöglicht.

Im Zuge dieses Umbruchs wird oftmals die Blockchain-Technologie als möglicher Lösungsansatz diskutiert. Die Blockchain als kryptografisch gesicherter, verteilter bzw. dezentraler und kooperativ-genutzter Datenspeicher, kann Herausforderungen wie mangelnde Transparenz und Vertrauen zwischen verschiedenen Parteien oder die Vergabe von Nutzungsrechten entlang datenbasierter Prozesse lösen. Daten können nachvollziehbar und unveränderbar innerhalb einer Blockchain gespeichert werden und erlauben somit eine transparente Darstellung der entsprechenden Prozessschritte. Zudem können über Smart Contracts logische Abfolgen bzw. „Wenn-Dann“-Bedingungen dargestellt und mit der Blockchain verknüpft werden. Es ist also möglich, automatisierte Bezahlvorgänge bei entsprechendem Dateninput vertrauenswürdig abzubilden.

Ein weiterer, relevanter Aspekt der Blockchain-Technologie ist die Tokenisierung von Werten, Rechten und digitalen Assets. Über sogenannte Token können austauschbare Assets wie z.B. Währungen oder andere materielle Güter aber auch nichtphysische, sprich digitale, individuelle und einzigartige Assets, wie digitale Kunstwerke oder Patente, abgebildet werden. Besonders spannend ist dabei, dass einem digitalen Gut eine eindeutige Urheberschaft zugewiesen werden kann. Dadurch ist es mitunter erstmalig möglich, digitale Güter und ihre Einheiten zu besitzen, zu teilen und zu handeln.

Durch ihre Eigenschaften kann die Blockchain-Technologie nahezu alle Bereiche eines Geschäftsmodells verändern. Zum einen werden neue Kundensegmente angesprochen und erschlossen, neuartige Nutzenversprechen ermöglicht und mithilfe digitaler Identitäten eindeutige Zuweisungen oder Belege gestattet. Andererseits können Materialflüsse zurückverfolgt, Compliance-Verstöße identifiziert, Qualitätskontrollen automatisiert oder auch der CO2-Fußabdruck transparent aufgezeigt werden. Ebenso lass sich mittels Smart Contracts Pay-per-Use-Vergütungsmodelle umsetzen. „Die Blockchain-Technologie ermöglicht aber nicht nur neue Geschäftsmodelle, sondern macht mitunter auch Intermediäre obsolet. Infolgedessen müssen auch klassische Intermediäre, wie Banken und zentrale Plattformbetreiber ihre bestehenden Geschäftsmodelle hinterfragen“, berichtet Carina Culotta.

Um die Wege neuer Wertschöpfung, neue Ertragsmodelle und die Auswirkungen der Blockchain auf Geschäftsmodelle zu erforschen, sind Carina Culotta und ihr Team derzeit auf der Suche nach Interviewpartnern. Unternehmen, die bereits erste Erfahrungen mit der Blockchain-Technologie haben, zu einem bestehenden Blockchain-Netzwerk gehören oder aber die Technologie und ihre Anwendungen in die Pilotierung gebracht haben, sind aufgerufen sich an den Interviews zu beteiligen. So können im Ergebnis neue Geschäftsmodellmuster identifiziert werden und Leitfäden oder Handlungsempfehlungen veröffentlicht werden.

Carina Culotta | carina.culotta@iml.fraunhofer.de