Durch den Brexit wird der Außenhandel der Europäischen Union erheblich verkompliziert. Trotz des kurzfristig erzielten Handels- und Kooperationsabkommens sind viele operative Details weiterhin nicht geklärt. Beinahe täglich berichten die Medien über neue Entwicklungen und fortbestehende Hürden. Die Folgen sind erhöhte Kosten, erhöhte Aufwände und komplexe Prozesse. Die Blockchain-Technologie kann hier Abhilfe schaffen. Ein Teilprojekt von Blockchain Europe fokussiert speziell den Fachbereich Zoll und will mittelfristig unter Einbezug der wesentlichen Akteure durch Automatisierung die Prozesse vereinfachen.

Mit Blockchain zur durchgängig digitalen Zollabwicklung

Die Vision ist eine durchgängig digitale Zollabwicklung. Dabei sind Zolldokumente digitalisiert und können durch einen einfachen Scan oder virtuellen Handshake erfasst werden. Darüber hinaus ist die komplette Zollabwicklung transparent nachvollziehbar und aufwendige Vor-Ort Überprüfungen werden überflüssig. Um diese Vision zu ermöglichen, sind zahlreiche Schritte notwendig. Bei der großen Vielfalt an involvierten Akteuren sind viele bürokratische und politische Prozesse zu berücksichtigen und Akteure einzubinden. Dies soll Schritt für Schritt geschehen, damit von einer Umsetzung alle im Außenhandel tätigen Unternehmen und die Behörden profitieren.

»Noch stehen wir am Anfang«, erklärt Roman Koller, Teilprojektleiter Zoll bei Blockchain Europe. Das Teilprojekt ist gestartet und schafft aktuell die Basis für die notwendigen Entwicklungen. Über einen agilen SCRUM-Prozess soll ein erster prototypischer Zollprozess digitalisiert werden. Mithilfe der Unternehmen AEB (Software für Logistik und Außenwirtschaft) und Adient (Zulieferer Automobilindustrie) wurden die Projektziele auf Expertenebene diskutiert und erste konkrete Bedarfe aus der Praxis aufgenommen. Im weiteren Prozess sollen die Zollämter kontaktiert werden. Sogar bis auf Sachbearbeiter-Ebene sollen die Prozesse aufgenommen werden. »Wir würden gerne in die Unternehmen reingehen und die Ausfuhrprozesse von Anfang bis Ende begleiten. Dadurch können wir alle realen Bedingungen aufnehmen und die zukünftige Abwicklung durchgängig digital gestalten.«

Waren aus Großbritannien zu im- oder exportieren ist seit dem Brexit kein einfaches Unterfangen mehr. Zusätzliche Zollschranken erschweren den internationalen Handel. Aus- und Einfuhranmeldungen, Ursprungsnachweise und weitere Zollformalitäten prägen nun die neue Realität beim Außenhandel mit dem ehemaligen EU‑Mitgliedsstaat. Insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen sind schwer betroffen. Die erhöhten Kosten und der verwaltungstechnische Mehraufwand sind für kleinere Betriebe nur schwer zu leisten. Es gilt, bürokratische Hürden abzubauen und die aktuell papierbasierten Prozesse zu digitalisieren.

Beim Einsatz von Blockchain zur Zolldokumentation werden Daten effizient bereitgestellt und übermittelt. Smart Contracts bieten in Kombination mit Blockchain Automatisierungspotenziale. So sollen Aufwände reduziert und die Zollabwicklung insgesamt beschleunigt werden. Für die weitere Umsetzung sucht Blockchain Europe Unternehmen, die konkret vom Brexit betroffen sind. »Dabei sind sowohl Profis bei der Zollabwicklung gefragt, als auch Unternehmen, die erstmalig mit der Zoll-Problematik in Berührung kommen. Auf Basis der gemachten Erfahrungen können die Unternehmen gemeinsam mit Blockchain Europe einen Beitrag zur durchgängig digitalen Zollabwicklung leisten und als Validierungspartner die geplanten prototypischen Prozesse in der Praxis testen. Vielleicht hat der Brexit als zusätzlicher Impuls für einen Digitalisierungsschub dann doch noch etwas Gutes«, erklärt Roman Koller.