Maik Hausmann ist wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Supply Chain Development & Strategy am Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML und verantwortlich für die (Weiter-)Entwicklung von Blockchain-basierten Geschäftsmodellen. Seine Devise: Wir müssen mutig sein und nicht nur uns selbst bewegen, sondern auch unsere Partner, in manchen Fällen sogar unsere Konkurrenten motivieren und einbinden. Mehr zu seiner Sicht auf die Blockchain-Technologie und weitere Informationen zu seinem Arbeitsfeld mit der Blockchain finden Sie in unserem Perspektiven-Beitrag.

Warum beschäftigst du dich mit dem Thema Geschäftsmodelle und hier insbesondere mit Blockchain-basierten Geschäftsmodellen?

Mir macht es Spaß das große Ganze zu betrachten und da bieten sich Geschäftsmodelle einfach besonders an. Klar stehen der Kunde und das Wertangebot im Vordergrund, doch die Betrachtung eines Geschäftsmodells ist facettenreich. Letztendlich ist das Ziel alle Facetten aufeinander abzustimmen und diese reichen von juristischen Rahmenbedingungen über das Zusammenspiel der beteiligten Partner bis hin zum Einsatz besonders einflussreicher Technologien. Während sich in einigen gut erforschten Bereichen und Branchen Quasi-Standards etabliert haben, ist es bei Blockchain-basierten Geschäftsmodellen nicht so eindeutig. Hier sind viele Entscheidungen noch nicht getroffen, Anwendungsfälle nicht erkannt und das Tempo der Entwicklung ist sehr hoch – und in meinen Augen dementsprechend besonders spannend.

Woran arbeitest du, um Blockchain-basierte Geschäftsmodelle in die Praxis zu bringen? Und warum?

Wir beobachten, dass es noch häufig an Erfolgsgeschichten mangelt und sich zahlreiche Vorurteile wie „Blockchain? Das ist doch diese spekulative Kryptowährung, die Energie für Städte verschluckt“ nach wie vor halten. An beiden Punkten ist zwar ein Funke Wahrheit dran, aber eben auch nur ein Funke. So hinkt die Adoption von Blockchain in der Praxis nach wie vor hinterher und Bitcoin als die wohl populärste Blockchain-Anwendung ist nicht zu Unrecht bekannt für ihren hohen Energiebedarf, jedoch gibt es mittlerweile überraschend viele erfolgreiche Blockchain-Anwendungen in den verschiedensten Bereichen und die technologischen Möglichkeiten sind weit über Bitcoin hinausgewachsen. Dementsprechend fokussieren wir uns bei der Arbeit in Blockchain Europe darauf zum einen zu verstehen warum welche Anwendungen Erfolg haben und andere eben nicht; wir versuchen aber auch daraus zu lernen, unsere Erkenntnisse zu teilen und in geeignete Methoden einfließen zu lassen. Wir erhoffen uns dadurch aufzeigen zu können, dass Blockchain zahlreiche bisher noch selten genutzte Chancen bietet und geben Unternehmen das Handwerkszeug, die eigenen Geschäftsprozesse zu modellieren und im nächsten Schritt auch umsetzen zu können. Konkret konnten wir sieben Blockchain-Geschäftsmodellmuster identifizieren, die sich prima als Orientierungshilfe eignen und durch Unternehmen, die das jeweilige Muster verfolgen unterfüttert sind. Außerdem sind die Entwicklungstools des „Blockchain Business Model Canvas“ sowie des „Stakeholder Canvas“ genau auf die Entwicklung von Blockchain-Geschäftsmodellen zugeschnitten und berücksichtigen so auch die technologischen Eigenschaften und Besonderheiten, die herkömmliche Entwicklungstools häufig nicht bieten können.

Welches Blockchain-basiertes Geschäftsmodell wird wohl die wichtigste Rolle spielen?

Der klassische Track & Trace Anwendungsfall ist meiner Erfahrung nach der bisher in der Logistik am weitesten verbreitete und „passendste“ Anwendungsfall. Hier ergänzen sich die Anforderungen der Unternehmen mit den technischen Eigenschaften der Blockchain hervorragend – Es gibt häufig viele Parteien, die sich gegenseitig nicht oder nur teilweise vertrauen, aber dennoch darauf angewiesen sind Informationen oder Daten auszutauschen. Entwicklungen wie das Lieferkettengesetz befeuern dabei den Bedarf nach Lösungen, die Transparenz und Nachverfolgbarkeit entlang der Lieferkette gewährleisten können und da bietet sich die Blockchain nun mal besonders an. Sehr spannend, aber bisher noch selten umgesetzt, sind auch Lösungen, die Token verwenden. Während es sich bei diesen Lösungen noch eher um Zukunftsmusik handelt, ist das Potenzial enorm. Ob zur Abbildung von Vermögens- oder Sachwerten, Rechten oder Pflichten, Token sind sehr vielseitig einsetzbar und könnten in Zukunft eine wichtige Rolle spielen.

Und was müssen wir nun tun, um Blockchain-basierte Geschäftsmodelle aufzustellen?

Wir müssen mutig sein und nicht nur uns selbst bewegen, sondern auch unsere Partner, in manchen Fällen sogar unsere Konkurrenten motivieren und einbinden. Blockchain bietet vor allem in Kooperation mit anderen Unternehmen die größten Potenziale und häufig entstehen so auch Mehrwerte für jeden Beteiligten des Netzwerks. Leider bestehen weiterhin noch große Unsicherheiten und mangelndes Technologieverständnis was den Einsatz der Technologie angeht. Das Bedürfnis Daten zu sammeln und einzusehen ist zwar häufig groß, die Bereitschaft selbst Daten zu teilen jedoch häufig sehr gering. Vor allem Vorurteilen muss hier gegengewirkt werden, denn konsortiale Netzwerke bieten durchaus die Möglichkeit gezielt Leserechte an einzelne Parteien freizugeben.


Maik Hausmann

Fraunhofer IML

Supply Chain Development & Strategy

Blockchain Europe: Blockchain-basierte Geschäftsmodelle